Sonntag, 23. März 2003
Irak-Krieg in Lachsprosa

Am Wochenende leiste ich mir manchmal wirklich Luxus. Ich kaufe mir eine Schülerzeitung. Hierzulande gibt es sie in Lachsrosa. Das einzig Bemerkenswerte: Die Usual suspects zeigen uns, dass sie noch immer nicht ihrer Studienzeit entwachsen sind, dass sie ihr Halbgedachtes deshalb immer noch in Halbverdautes stecken müssen. Zum Beispiel die "Philosophin" Isolde Charim, mit ihrem Aufsatz "Geburt einer Supermacht" (die neuen Einsichten verrät schon der Titel). Man liest und liest, und am Ende ist alles nur noch Brei:

"Es herrscht wohl Konsens darüber, dass [Saddam Hussein] ein schrecklicher Diktator ist. Selbst das Mitgefühl mit der Zivilbevölkerung ist nur ein partielles Argument für die Ablehnung - nicht nur, weil diese auch unter dem Baath-Regime leidet, sondern auch weil dies keine ausreichende Antriebskraft ist. Was die Unbeteiligten [die protestierende Öffentlichkeit] wirklich bewegt, passiert auf symbolischer Ebene - und das war in diesem Fall das Entstehen einer (auch) symbolischen Supermacht. Deren unbedingter Wille nämlich funktioniert jenseits allen Diskutierens - er ist sozusagen der blinde Fleck unseres diskursiven Universums. Insofern ging es in den Debatten der vergangenen Wochen auch längst nicht mehr um den Irak: Die Ablehnung dieses Krieges mutierte zu einer Ablehnung dieses Amerikas.

In diesem Zusammenhang steht auch das Phänomen, dass die massiven Reaktionen der Bevölkerungen - oft gegen die eigenen Regierungen, wie etwa in Großbritannien, in Spanien, in Portugal, oder gegen die Medien wie in Berlusconis Italien - zwar erstaunliche Eigenständigkeit bewiesen, jedoch keine demokratischen Energien, keine emanzipatorischen Wirkungen entfalten konnten. Der "gewaltige Schritt vorwärts für die Demokratie", den Bischof Desmond Tutu in diesen Aktionen gesehen haben will (STANDARD, 19. 3.), hat aus einem einfachen Grund nicht stattgefunden: Weil die unheimliche Begegnung mit der Macht alle Diskursivität in eine Ohnmachtserfahrung verwandelte."

Früher wurden wir mit Adorno gequält, jetzt verschleiert die Lacan-Foucault Suppe die Abewesenheit zusammenhängender Argumentationen. Man hat nichts zu sagen, als sich an der neuen alten Supermacht abzuarbeiten. Aber der Artikel ist ja noch Gold gegen den Dreck, den Robert Menasse eine Seite weiter serviert.

Wenn Europa keine besseren Argumente als solche hat, dann soll es halt weiter zusehen und sich selbstbefriedigen. Man sollte sich halt nur nicht über den zunehmenden Bedeutungsverlust in der Welt wundern.

 
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