Freitag, 7. Februar 2003
Schwarz-Grün - oder...

jetzt wird die grüne Lebenskrise beschleunigt
eine kleine Ergänzung zu Joachim Riedl

Ich kann Joachim Riedl nicht besonders gut leiden, aber sein Artikel in der "SZ", Das heilige Experiment, trifft den Nagel auf den Kopf (wenn auch bei öfterem Draufhämmern)

>>Schwarz-Grün enthält den Hoffnungsschimmer, dass zwei verwandte Milieus, die einander entfremdet sind, jetzt wieder unter der pragmatischen Schirmherrschaft einer Regierung des guten Willens zusammenfinden könnten. [...]

Das Gros der Grünen ist eine Bewegung besorgter Bürgerkinder. Ihre ersten Stars waren rebellische Denkmalschützer im barocken Salzburg und kernige Öko-Bauern in hochalpinen Regionen. Ihre größte Unterstützung finden die Grünen heute dort, wo sich ein gehobener liberaler Lebensstil in renovierten Biedermeierquartieren hat einnisten können.

Der grüne Oppositionsalltag gestaltete sich bislang vor allem aus verbaler Empörung und realitätsfernen Maximalansprüchen. Konkrete Programmpunkte werden meist durch moralische Appelle ersetzt, das politische Profil blieb insgesamt diffus: Eine ideale Projektionsfläche für alle Wünsche und Sehnsüchte, die ihre Klientel beseelen möchten.

Unter dem derzeitigen Parteichef Alexander Van der Bellen, einem Wirtschaftsprofessor, haben sich alle Parteiflügel in einen Harmonieverein verwandelt. Der stoppelbärtige Bedenkenträger hat die Pose des aufgeklärten Universitätslehrers erfolgreich zu seinem Image gemacht und beeindruckt seine Gesprächspartner dadurch, dass er sich schon aus intellektueller Redlichkeit den meisten Festlegungen entzieht.<< (SZ, 6.2.2003)

Die Grünen werden als ÖVP-Juniorpartner zerrieben, höre ich immer wieder aus meinem Umfeld. Das mag schon sein, doch viele, die mit den Grünen sympathisieren, sind auf dem grünen Ja-natürlich-Höhenflug historisch leicht vergesslich geworden (weil sie sich bequem auch immer auf Sascha Van der Bellen verließen).

Van der Bellen wurde aus einer absoluten Führungskrise der Partei geboren. Um so überraschter und angehmer erfreut war man, als sich der nette älter wirkende Herr als gutes Zugpferd entpuppte. Der stoppelbärtige Maurice Chevalier der heimischen Innenpolitik ließ leicht vergessen, dass man sich grundsätzlich politisch keine Gedanken mehr machte - zumindest keine, die man nach außen kommunizierte. Grün, das war ein Lebensstil geworden. Und genau das wird den Grünen halt jetzt schneller zum Problem....

 
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