Sonntag, 31. Oktober 2004
Barazon hat Recht

Allerdings sehe ich gerade nach den Ereignissen der letzten Tage nicht, wie das gelingen könnte. Die Bundesländertour von Gusenbauer hatte doch nur ein Ziel: die Funktionäre, nicht die Wähler...

>>Die SPÖ muss Alfred Gusenbauer absetzen
Salzburger Nachrichten, 30. Oktober 2004
Ronald Barazon
Herr Gusenbauer ist untragbar geworden. Die SPÖ sollte bei ihrem Parteitag Ende November rasch handeln und sich einen neuen Parteivorsitzenden suchen. In ihrem eigenen Interesse, aber vor allem im Interesse des Staates.

Nach monatelangen Vorarbeiten gelang am vergangenen Montagabend der Abschluss eines Finanzausgleichs, der eine Vielzahl von Problemen auf der Ebene des Bundes wie der Länder und der Gemeinden entschärft und zudem die Voraussetzung für die Reform des Gesundheitswesens eröffnet.

Entscheidend zu diesem Durchbruch beigetragen hat der Wiener Sozialdemokrat Sepp Rieder. Hätte Alfred Gusenbauer auch nur eine blasse Ahnung von Politik, so würde er seit Montagabend durch die Lande ziehen und verkünden, dass nur mit Hilfe eines SP-Politikers diese wichtige Weichenstellung gelungen ist.

Stattdessen spielt er sich auf und erklärt, dass er einige nebensächliche Details nicht akzeptieren könne, da diese den von ihm vertretenen "kleinen Leuten" schadeten. Hier findet eine Wiederholung der billigen, populistischen Aktionen der FPÖ unter Jörg Haider statt.

Der Effekt: Im Moment gibt es keinen Finanzausgleich und keine Reform des Gesundheitswesens. Gusenbauer wird keine Wähler finden, die ihm für diese Heldentat die Stimme geben. In der eigenen Partei hat er den Wiener Bürgermeister Michael Häupl und somit eine der mächtigsten Persönlichkeiten der Organisation brüskiert.

Der empörende Unfug, den Gusenbauer in den vergangenen Tagen geliefert hat, passt in das Bild. Vor einigen Wochen präsentierte sein Parteifreund Christoph Matznetter erste Ansätze eines neuen Wirtschaftsprogramms. In den Entwürfen waren einige Elemente enthalten, die Proteste hervorriefen. Gusenbauer kam nicht etwa Matznetter zur Hilfe und erklärte, dass hier eine Arbeit im Entstehen und ein Diskussionsprozess im Gang sei. Nein, er distanzierte sich und brüskierte somit einen der wenigen profilierten Politiker seiner Bewegung.

Gusenbauer schadet nicht nur den derzeit aktiven Sozialdemokraten und dem Staat in seiner Gesamtheit. Er macht auch seine Vorgänger schlecht. So wiederholt er stereotyp das Bekenntnis "Keine Rückkehr zur Schuldenpolitik". Mit dieser Formel bestätigt er nur die Botschaft von Wolfgang Schüssel und Karl-Heinz Grasser, dass die SP-Finanzminister eine verantwortungslose Schuldenpolitik betrieben hätten. Ein Vorsitzender der SPÖ, der diese Bezeichnung verdient, könnte daran erinnern, dass in der Zeit der SP-Finanzminister von 1970 bis 2000 Österreich auch in die ersten Ränge der Industrienationen aufgerückt ist.

Offenbar gibt es für Herrn Gusenbauer nur eine interessante Persönlichkeit, und diese heißt Alfred Gusenbauer. Die SPÖ sollte dafür sorgen, dass er sich bald ungestört seinem Selbstwertgefühl widmen kann.
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