oder: Wir haben ihn

Heute morgen gehe ich zu Ivo Grisdic. Wieder einmal kniet er auf dem Gehsteig, schaut gar nicht auf, sondern ruft nur: "Wo ist Balli?". Hab ich auch schon 50 Euro in der Hand, die ich aber nicht haben möchte, weil es mich auch nicht interessiert, "wo Balli" ist.

"Grisdic", sag ich, "bitte hier hast du noch mal fünfzig Euro, und sag deinem Freund, er soll mich in Ruhe lassen. Schau lieber in die Kronenzeitung, das Saliera-Fahndungsfoto."

Es vergehen fünf Minuten bis wir an der Ecke Thaliastraße sind ("Muss Balli einpacken"). Ich lade Grisdic auch noch auf die "Krone" ein. "Picku Mater", schreit Grisdic. Unser bosnischer Aquarellist ist sich sicher: Das ist der Mann, den er noch vor zwei Jahren gemalt hat und der das Bild nie abgeholt hat.

"Komm, Grisdic, sag ich, hol das Bild, wir stellen es ins Internet."
"Geht nicht", sagt Grisdic, "ist so hoch."
"Dann legen wir es halt hin", sag ich, "Hauptsache, es geht flott."

Am Nachmittag hab ich Grisdic so weit, er will partout nicht, dass man das Bild hochformatig ins Web stellt. "Bringt Unglick".

Gut, so leg ich das Bild von Grisdic also hin. Fest steht: Grisdich war eigentlich schneller als Polizei und ZiB. Nur stellte er immer die falschen Fragen. Also: "Wo ist Salzfass?"

Ich bin hin und weg von dieser Dame. Ihr Sieg gegen Mary Pierce bestätigt meine grundlegende Auffassung vom Damentennis: Es geht um die Symbiose von Anmut, Kraft und Softpornografie - letztere tarnt sich dank der Schneider von Nike & Co als beinahe Winckelmannscher Klassizismus. Schwitzen unter Australiens Sonne, das ist edle Einfalt und stille Größe. Das erhellt den dunkelsten Wiener Morgen.

Seht jenen Liebhaber, der tiefgesenkt um die Bildsäule wanket. Was tut er nicht, um sein Gesicht zum Gefühl zu machen, zu schauen als ob er im Dunkeln taste? (...) Sein Auge ward Hand, der Lichtstrahl Finger, oder vielmehr seine Seele hat einen noch viel feineren Finger als Hand und Lichtstrahl ist, das Bild aus des Urhebers Arm und Seele in sich zu fassen. Sie hats! die Täuschung ist geschehen: es lebt, sie fühlt, dass es lebe; und nun spricht sie, nicht, als ob sie sehe, sondern taste, fühle. Eine Bildsäule kalt beschrieben, gibt so wenig Idee wie gemalte Musik; lieber lass sie stehen. (Johann Gottfried Herder, Plastik)

Oder: Fünf Hauben für das Burgenland

Jeden Tag nach der Mittagszib bleib ich hängen in diesem wunderbaren "Frisch gekocht ist halb gewonnen". Es gibt ja immer neue Leckereien zu entdecken.

Nicht nur, wenn man durchs Burgenland fährt, bekommt man die Veränderungen eines zum Gourmetstadel gewandendelten Landes mit, das noch in den 70er Jahren die Hochburg der Eloxal-Fenster und -Türen war, nun aber mit "zeitgenössischer Architektur im Weingarterl" aufwartet. Der Osten ist ja auch längst zur "Mole West" mutiert.

Und so bekomme ich heute mit: Filet vom weißen Wels am gelben Kürbis mit Lavendel-Polenta.

Neugierig schau ich, wie der Koch heißt. Gott sei Dank steht es auf seinem Kittel (der sicher schon "Spitzengewebe aus seiner Baumwolle" heißt).

Im Netz schlage ich nach und lese: "Die gastronomische Kompetenz ist mit Küchenchef Sascha Huber gegeben, der aus den Qualitäts- produkten der Region wahre Gaumenfreuden zaubert. " Woraus ich schließe: Die sprachliche Kompetenz muss noch höher angesiedelt sein als das kulinarische Können.

Es ist einfach ein Traum, im Feinkostladen Europas residieren zu dürfen. Bald wird man ohne Französisch Kenntnisse nicht mehr ins Bürgaunlaund einreisön dürfön. Oder hab ich nur den ungarischen Kellner nicht verstanden, als er sagte: "Bittöschön hier die rosigä Kaalbsbrust auf Schbargäl-Risotto und Speckkrustärll vom Spanfärkäl"...?