Schirrmacher, Guido W. und das Haus Deutschland

Das spricht mir aus der Seele

>>In Guido Westerwelles Berliner Stadtwohnung also wollten Angela Merkel und Edmund Stoiber den neuen Bundespräsidenten küren. Hier saßen sie und beratschlagten bis spät in die Nacht. Bei einem "Geheimtreffen".
[...]
Wer am Dienstag glaubte, instinkt- und würdeloser könne die Wahl eines Kandidaten für das höchste Staatsamt nicht werden, der sah sich in der Nacht zum Mittwoch eines Besseren belehrt, nicht von der Geschichte, sondern von den unkontrollierten Mienen zweier Politiker, die der FDP-Vorsitzende Westerwelle zu Untermietern seines Ehrgeizes gemacht hat.

Das Pärchen kam aus dem Altbau, als sei den beiden gerade die Wohnung gekündigt worden, droben aber schaltete und waltete der tüchtige, für die Kameras unsichtbare Hausmann.

Die Vorstellung, daß in der Berliner Wohnung des Guido Westerwelle das nächste Staatsoberhaupt quasi be-, wenn nicht ernannt worden wäre und das alles noch unter dem Rubrum der "Geheimdiplomatie", das ist so niederschmetternd, daß man am liebsten, wenn es denn ginge, gleich aus dem gemeinsamen Haus Deutschland ausziehen würde.

Saß die Gesellschaft um den Ikea-Küchentisch, als sie um das Amt feilschte, oder auf dem roten Sofa, auf dem der Politiker "gerne entspannt", oder gar auf Corbusier-Ledersesseln, zwischen denen ein Eileen-Grey-Tisch steht? Wir waren ja gewissermaßen alle schon mal bei Westerwelle zu Haus. Vor zwei Jahren etwa öffnete er der "Bunten" die Tür, die unter der Überschrift "Hier wohnt der Kanzlermacher" das Interieur der Macht und sogar viele Details seines Seelenhaushalts beschrieb: "Sind Sie oft allein? Ich hasse es, allein und einsam zu sein. Das kenne ich einfach nicht. In unserer Wohnung stand immer ein großer Tisch, es war ein offenes Haus, in dem immer Gäste waren. Wie die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf." Daß Merkel und Stoiber, damit Westerwelle sich nicht mehr so allein fühlt, in der Villa Kunterbunt des Präsidentenmachers sich trafen, das ist eine verknappte, aber keine unzutreffende Beschreibung.
[...]
Denn ehe man von der Würde des abstrakten Amtes redet, könnte man auch von der schlichten Menschenwürde reden. Etwa derjenigen von Wolfgang Schäuble. Was mit diesem Mann in den letzten Jahren geschehen ist, taugt zum Stoff für eine Tragödie - was natürlich nichts über seine Befähigung zum Präsidenten sagt. Doch daß über ihn zuletzt auf Westerwelles Couch entschieden wurde, mag er als letzte Demütigung empfinden. Gedemütigt durch dieses Schauspiel aber wurde auch die Öffentlichkeit. Mag sein, daß Guido Westerwelle nicht gerne allein ist und es haßt, einsam zu sein. Aber er sollte aufhören, ein ganzes Land zu zwingen, ihm bei dieser furchtbaren Einsamkeit Gesellschaft zu leisten.<<

Frank Schirrmacher, "Geheim", in: F.A.Z., 4.3.2004.

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Schüssel, Haider, Prinzhorn

Ein spannendes Polit-Frühjahr steht bevor

Die verbalen Ausritte von Jörg Haider gegen die USA und Israel hat Wolfgang Schüssel äußerlich gelassen kommentiert: Ob die ÖVP Kärnten Haider als Landeshauptmann wähle, entscheide die Kärnter ÖVP, kommentierte Schüssel die Ankündigung der Kärntner Volkspartei, Haider keinesfalls zum Landeshauptmann zu wählen.

Bleibt die Frage, ob Schüssel am Rande des Abgrundes hazardiert (Stichwort: neuer Poker des Kanzlers)? Oder: Auf welche Rückversicherung er sich verlässt. Ist diese überhaupt noch Haider (Motto des allseits kolportierten "Geheimpaktes": Du lässt mich Kanzler sein, ich dich Landeshauptmann)? Oder heißt Schüssels Rückversicherung schon längst Thomas Prinzhorn (der Haider in der Vergangenheit bezahlt hat und sich nun über die Regierungsbeteiligung 'sein investiertes Geld' zurückholt)?

Die Prinzhorn-Stiftung wurde zuletzt großzügig bedient (Stichworte: ÖIAG, Privatisierungen). Gut möglich, dass der Kanzler weiß, dass vor allem Prinzhorn nicht will, dass die Regierung in Wien platzt. Gut möglich, dass Prinzhorn auch Haider daran erinnert hat, wie viel er in der Vergangenheit und noch jetzt für die geschrumpfte (!) FPÖ zahlt [in dieses Bild passt, dass die FPÖ in Richtung Volkspartei im Augenblick nur zahnlos droht - etwa, man werde Ferrero-Waldner nicht für die Bundespräsidentschaft unterstützen, wenn die ÖVP-Kärnten nicht bald gefügig wird...].

Und dennoch: Sei es so, dass sich Schüssel nur noch auf Prinzhorn und nicht Haider stützt. Was passiert mit Haider, wenn er nicht Kärntner Landeshauptmann wird?

Möglichkeit a): Haider scheidet aus der Politik aus.
Möglichkeit b) Haider muss zwangsläufig von Kärnten nach Wien, wechselt ergo von der Landes- in die Bundespolitik. Und in dieser kann seine Rolle nur eine destruktive sein (Hauptziel: Rache an Schüssel).

Insofern wird mancher Überzeugungsarbeit zu leisten haben. Schüssel gegenüber seinen Kärntner Parteifreunden, und Prinzhorn wird weiter Haider die Rechnung für bisherige Spesen ins Gesicht halten. Oder sind letztere zwei schon jetzt quitt? Für ein spannendes erstes Quartal 2004 ist in Österreich gesorgt - und das ganz ohne Opposition (eh klar, möchte man fast sagen).

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Harald Schmidt am Ende?

Ist die Hexal-Werbung im Augenblick das Beste an Schmidt?

Es geht dem Ende zu mit Harald Schmidt und Manuel Andrack, meint man bei "FAZ.net". Man hätte für diese Einsicht wahrscheinlich nicht erst die Freitag-Sendung der HSS heranziehen müssen. Schon am Donnerstag hatte eigentlich nur Spaß, wer regelmäßig die Medienseiten deutscher Tageszeitungen liest. Die Peymann-Probem-Witze hat nur der geringste Teil seines - zweifelsohne treuen - Studiopublikums verstanden. Ganz zu schweigen von den J.B.K.-Verarschungen.

Eigentlich hat Schmidt am Donnerstag Farbe bekannt und alles gesagt: "65 legendäre Sendungen [für die SAT1-Wiederholungen bis Ostern]. Gibt es so viele überhaupt?" Die Frage war nicht rhetorisch gemeint. Im Augenblick ist die Hexal-Werbung wohl das beste an HS.


Schmidts "Zivildienstmütze". Was haben wir gelacht..

FAZ.net, 13.12.2003.
>>Wüßte man es nicht längst besser, hätte man spätestens am Freitag abend gemerkt, daß etwas nicht stimmt in der Harald Schmidt Show. Daß es dem Ende entgegengeht. Daß die Hauptpersonen nicht mehr dieselben sind. Die Stimmung hat sich geändert. Sie schreien sich an. So mußte es wohl kommen. „Fall' mir nicht ins Wort!“, brüllt Harald Schmidt, als ihm sein bislang treuer Adlatus Manuel Andrack ins Wort fällt. Wann ist das früher schon einmal passiert? „Seih' doch leise!“, giftet Andrack zurück. Wann hat er das je verlangt?<<

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