Donnerstag, 24. März 2005
Ein Morgen mit Joachim Kaiser

Heute morgen um halb sechs. Es ist Frühling, die Vöglein zwitschern. Im Bayrischen Rundfunk spielt man eine Bayern-Alpha-Sendung. Interview mit Joachim Kaiser. Der Interviewer fällt sofort auf. Die Kamera zeigt seine Mephisto-Wanderschuhe. Ihm, mit einigem Abstand, gegenüber: Kaiser. Hemd, Seiden-Gillet, Sakko, Krawatte. Die Fragen sind Alibi. Kaiser doziert vor sich hin. Er schwadroniert: 1952 habe ein Aufsatz für Adorno genügt, um Musik-Kritiker zu werden.

"Zuerst hat Adorno gesagt: 'Ihren Hegel-und-die-Musik-Aufsatz, den versteht man doch nicht.' Worauf ich entgegnet habe:'Man kann den Aufsatz natürlich auch auf dem Niveau eines Vierjährigen anlegen. Dann versteht man ihn zwar, nur bleibt von Hegel nicht viel über.' Adorno hat ihn dann doch abgedruckt und mich später zu sich eingeladen. Dort hab ich dann auch diesen Kräuterlikör von Gretl Adorno getrunken. Am nächsten Tag hat die F.A.Z. bei mir angerufen und gefragt, ob ich für sie Musikkritiken schreiben wollte. Wenig später auch der Hessische Rundfunk...."

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Dienstag, 22. März 2005
"...bis gestern nichts verstanden"

Entdeckungen dank OE1.

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Sonntag, 13. März 2005
Rudolf Burger als F. Heer r/light

Nach einer gewundenen Einleitung, wo sich Burger mal wieder als Auskenner bei Carl Schmitt zu erkennen geben musste, kommt er auf der Seite II seines "Presse"-Spectrum-Artikels zum Wesentlichen in der Frage: Ist Österreich eine Nation (bzw. könnte es eine solche sein)? Nichts Neues natürlich, und doch für so manch überberzeugten "Österreicher" immer noch eine ganz gute Nachhilfe in nuce:

>>"Omnis determinatio est negatio" - das spinozanische Axiom trifft die Logik der österreichischen Nationsbildung genau: Denn es ist die (konstruierte) historisch-kulturelle Differenz zu Deutschland, die Österreich als eigene Nation definiert, diese bestimmt sich wesentlich in negatorischem Bezug auf die deutsche; und blieb gerade dadurch dialektisch an sie gebunden. Als Nation konnte Österreich lange Zeit sich nicht positiv-historiografisch definieren, denn es ist als Staat nicht Ergebnis eines nationalistischen Einigungsprozesses, sondern einer Zerschlagung und Zerreißung. Aber nicht in Abgrenzung zu den ehemaligen Kronländern der Monarchie bestimmt sich die nationale Identität der Republik, sondern ausschließlich in Bezug auf Deutschland: Österreich ist das Land, das nicht Deutschland ist. Doch ist die Beziehung naturgemäß nicht symmetrisch. Das deutsch-österreichische Nationalverhältnis ist ein rein österreichisches Verhältnis, zumindest als Thema und als Problem. Ein deutsches Thema ist es nicht und auch kein deutsches Problem. Als solches wurde es 1866 von Preußen erledigt, doch als österreichisches dauerte es fort: als Trauma des Ausschlusses, das, 1919 forciert, nach 1938 in ein Anschlusstrauma umgeschlagen ist und in dieser Gestalt die sozialpsychologische Grundlage des neu entstandenen Nationalgefühls der Zweiten Republik bildete. Besonders deutlich wurde diese Fixierung zuletzt in den Diskussionen und Polemiken vor dem Referendum zum EU-Beitritt im Frühjahr 1994: Die Gegner des Beitritts, und die kamen zum Großteil aus dem linken und linksliberalen Lager, haben vor allem mit dem Anschlusstrauma operiert und der Gefahr des Verlustes der nationalen Identität - weniger in Bezug auf Brüssel und Straßburg als in Bezug auf Bonn und Berlin.
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